Baubericht

 

 Schneider Motor-Baby

 

Als alter Hase in der Modellfliegerei bin ich immer auf der Suche nach dem besonderen Oldtimer.
Mein Vater, Karl Heinz Stamer hat schon als Jugendlicher vor dem 2. Weltkrieg seine Lehre als Metallflugzeugbauer und Holzflugzeugbauer bei der Firma Dornier in Lübeck absolviert. Dort baute er in der Lehrwerkstatt den Schulgleiter SG-38 und das Grunau
  Baby II.

Diese Muster wurden dann auch von ihm geflogen.

Vieles von seinem Know How wurde mir in die Wiege gelegt. Meine Begeisterung zur Fliegerei begann mit meinem siebten Lebensjahr. Vater baute mit mir den „Kleinen Uhu“. Unzählige Modelle folgten. Die hier aufzuzählen wäre zu langatmig.
Nur eins sei hier gesagt: meine Lieblings-Flugzeuge im Original, wie als Modell, sind die De Havilland dh 82 Tiger Moth und das Grunau Baby II.


Vor einem Jahr kaufte ich mir ein Grunau Baby II aus Österreich. Es war sauber gebaut und flog fantastisch.
Ein paar F-Schlepp Veranstaltungen besuchte ich damit.
Nur in meinem eigenen Verein wurde der F-Schlepp nicht betrieben und so musste ich mir etwas einfallen lassen.
Unabhängigkeit war das Wort, welches ich umsetzen musste. Erst wollte ich mein Baby motorisieren. Es wäre Stilbruch.
Also verbrachte ich einige Stunden im Internet. Es gab 1937 in der Akaflieg Graz den G20 Roland.
Der Roland ähnelt dem Baby sehr. Er hat auf der Tragfläche ein Rohrgerüst, auf dem ein Motor montiert war.
Durch die Landekufe schob man eine Achse mit einem Rad pro Seite. Fertig war der selbststartende Motorsegler.
Die Konstruktion und der Bau wäre für mich zu aufwändig und ich suchte weiter.

Auf der Internet-Seite von Jörg Wonneberger,
 
www.jwflugmodelle.de , wurde ich dann fündig.
Das
Schneider Motor Baby.


Das Original:


Im Jahr 1935 sprach man über die Möglichkeit, das Segelflugzeug zu motorisieren.
Es sollte ein Fluggerät geschaffen werden, mit dem bei jeder Wetterlage, also auch bei Wetter, bei dem reiner Segelflug nicht möglich ist, durch Motorkraft ermöglicht werden. Das Ziel dieser Kategorie ist der Langstreckenflug, der durch die Überwindung größerer Abwindgebiete eben nur mit Motorkraft zu schaffen ist.
Nebenher soll das Gerät dem ausgebildeten Segelflieger als Übungsgerät dienen und ihn für den Motorflug vorbereiten.
Das Flugzeug sollte etwa folgende Merkmale aufweisen: Motorleistung ca. 20 PS, Fluggewicht max. 300 kg,
größte Flächenbelastung 20 kg/m2.

Aus Sicherheitsgründen forderte man eine höhere Motorleistung. Zu spät.
Mangels fehlenden Leistungsüberschuß wurde das ganze Projekt eingestellt.

Ergänzend ist zu sagen, das Motor Baby hat später noch einen etwas stärkeren Motor erhalten,

Aber die „Segelfliegerei mit Hilfsmotor“ hat sich trotz mehrfacher Versuche auch mit anderen Segelflugzeugen nicht eingeführt.
Es bleibt unverständlich, warum. Es war doch so schön.

Die Zeit war einfach noch nicht reif dafür.

Es wurden zum Ende des zweiten Weltkriegs
  alle 20 Motor Babys verbrannt. Somit steht heute kein Original mehr im Museum.
Als Modell gibt es zur Zeit nur ein Exemplar. Erfreulicher Weise befindet sich dieses in meinem Besitz.
Ich habe es vom Hersteller erstanden und werde nun die Flugerprobung durchführen. Alle Erfahrungen hieraus werde ich dem Hersteller zukommen lassen. Wir versprechen uns davon eine erhöhte Nachfrage des Bausatzes dieses seltenen aber doch sehr schönen Oldtimers.


Technische Daten:

Original

Modell   M.1:3

Konstruktion:  Edmund Schneider

Jörg Wonnemann

Baujahr:                     1938

2006

Spannweite:              13,60 m

4,53 m

Länge:                         6,60 m

2,20 m

Flügelfläche:              14,20 m/2

47,33 dm/2

Flächenbelastung:     17,6 kg/m/2

60 g/dm/2

Motor:                        Kroeber M4

Kira 600-16         Getr. 6,7:1

Luftschraube

Aeronaut  Klappschr. Carbon  18x9

V max.                      100 km/h

65 km/h

Fluggewicht:             250 kg

11 kg

Leistungsdaten des Modellantriebes:
Wirkungsgrad des Motor 90%, 1,2 PS, 6350 Rpm, 4,9 Kg Schub, 8s Lipo, 4500 mAh, Laufzeit bei 100% Leistung 8,5 Min.


Dreiseitenansicht:

 






























Das Modell:

Im Juni 2010 nahm ich Kontakt mit dem Hersteller Jörg Wonneberger auf.
 
Jörg hatte den Prototypen des Motor Baby seit ca. 4 Jahren in seinem Lager stehen.
Jörg begriff sehr schnell, dass sein Motor Baby in die guten Hände eines Liebhaber kommen würde.
Wir wurden uns schnell einig und so machte ich mich auf den 500 km langen Weg. Was ich dann vor mir stehen sah, war eine aus Sperrholz geschaffene Meisterleistung. Den 20 ccm Benzinmotor hatte Jörg schon ausgebaut, da ich den Flieger elektrifizieren will.

Zu Hause angekommen, wurde erst einmal Tage über das Umrüsten auf E-Antrieb nachgedacht. Meine denkbar besten Berater für Elektroflug sind die Brüder Gerd und Bernhard Giese. Gerd stellte mir den Antriebstrang zusammen und Bernhard hat mir die Verkabelung hergestellt. Aus Gewindestangen, etwas Alukobond und einigen Stoppmuttern stellte ich den Motorträger her.
Damit der Propeller nicht zu weit einklappt und beim Anlaufen nicht in die Bespannung schlägt, wurden spezielle Alu-Scheiben angefertigt. Die Montage bereitete keine weiteren Probleme.

Große Augen machte ich beim Auswiegen des Modells. 2 kg Blei waren vorher bei der Verbrenner-Version notwendig.
Das Fluggewicht betrug 12 kg. Da der Verbrenner hinter dem Schwerpunkt lag, hoffte ich auf eine Gewichtsreduzierung.
Der E-Motor wiegt nur 310 Gramm. Vorn im Rumpf platzierte ich den 8s Lipo und einen 5 Zellen Life Empf.-Akku.
   
500 g Blei waren dann doch noch nötig.
 

Warum so viel Gewicht in die Nase? Das Motor Baby hat im Vergleich zum Grunau Baby einen längeren Rumpf.
Beim Original sind es 40 cm und im Modell ca. 14 cm. Okay, das Gesamtgewicht reduzierte sich auf 11 kg. Also 1 kg gespart.
Bei einer Spannweite von 4,53 m ist das akzeptabel.

Am 2. August, 2010, musste das Baby nun zeigen ob es flügge ist. 100% Schub und der Brummer setzt sich zügig in Bewegung.
Nach 15 m das Abheben und der Steigflug auf 100 m brachten mir ein glückliches Gefühl in die Magengegend.
Da die V-Form null ist, braucht der Flieger erheblich Seitenruder in den Kurven. Hier muß noch richtig in die Kurve gesteuert werden.
Da die Störklappen noch nicht aktiv sind, teilte ich mir die Landung sehr flach ein. Das Original hat einen Gleitwinkel von 1:15.
Meine Erwartungen wurden jedoch bei Weitem übertroffen. Ein gestreckter, flacher Anflug und eine butterweiche Landung setzten den Schlusspunkt nach dem Jungfernflug. Mein Modell fliegt mindestens so gut wie das Original. Es ist halt ein Oldtimer.
Ein Vereinskollege hat den Vogel betrachtet und meinte dann, der Flieger ist so hässlich, den kann man nur lieb haben.

Seinen ersten, öffentlichen Auftritt vor Fachpublikum hatte das Motor Baby am 21.-22. August 2010 in Bad Brückenau zum Meeting der Mose-IG.

Die Kameraden staunten nicht schlecht als sie das aufgerüstete Motor Baby sahen und nach dem ersten Flug
  und der gelungenen Landung waren alle begeistert. 

Mit besten Fliegergrüßen

Udo Stamer

 

Einige Bilder vom Modell:

Motorsegler-Treffen 2010



Udo Stamer mit Motorsegler Kameraden



Das Motor Baby



Das Baby ,,Gesicht,,



Mit vollen Motorleistung geht es in die Luft



Gute Flugleistungen und ein herrliches Flugbild



Eine gelungene Landung nach einem schönen Flug !!