Motorisierungs-Alternativen. Ein zentraler Punkt des Modellkonzepts ist die Motorauslegung.
Die Messe in Friedrichshafen im November 2008 nutzten wir, um uns ausgiebig zu informieren - und waren mit
rauchenden Köpfen nach Hause gefahren.
Was man da alles von den Stand-Experten zu
hören bekommt.
Auch mithörende Messebesucher versuchten sich als mehr oder
weniger hilfreiche Co-Berater. Es mußte also zuerst sortiert werden.
Nicht
alles konnte nachvollzogen werden und manches wurde daher als ‚leeres
Versprechen’ beiseite gelegt. ‚Können wir nicht’ hat keiner gesagt... Aber es
gab auch offensichtlich kompetente Hilfe! Wie immer im Leben kann nur ein
Kompromiss herauskommen.
Der Motor-Einbau hinten ist mindestens unkonventionell
und das Motorgewicht ist nicht da, wo man es gerne hätte.
10kg angepeiltes
Modell-Gewicht sollten zudem zügig bewegt werden (nicht senkrecht :-)) ).
Anforderungen: 17“ max
Propellerdurchmesser (mehr Platz ist bis zum Rumpf nicht) mit Ausgangsleistung
ca.1,5kW kurzfristig bedeuten eine Drehzahl über 8000 1/min.
Leicht – möglichst
noch leichter; Lipo 10S (lange Leitungen vertragen eher hohe Spannung als hohe
Ströme); störungsfreier Regler .
Das geht an die
Leistungsgrenzen heutiger Antriebe. Natürlich hat da jeder renomierte
Motorhersteller eine Lösung. Die Entscheidung fiel letztlich auf Kontronik
Kira650/15 mit 1:6,7 Getriebe samt Jive HV Regler aus dem selbem Hause.
(Warum muß ich bei ‚Kira’ immer an Nachbars Hund denken ? – jedenfalls läuft
der Motor bei weitem flotter als die alte Hündin).
Gewicht, Motorwirkungsgrad
und Leistung waren zumindest papiermäßig beeindruckend, und auf der Messe wurde
uns versichert, daß eine kurzfristige Belastung über den Katalog-Grenzwert
hinaus kein Problem darstellt.
Mit der schwäbischen Motorenschmiede hatten wir
außerdem schon sehr gute Erfahrungen.
Schwaben eben – wie wir. Der schlanke Innenläufer
mit Getriebe verspricht einen höheren Gesamtwirkungsgrad als die alternativen
Aussenläufer, und das bei geringerem Gewicht. Was der Drive-Calculator über das
370-Gramm-Motörchen ausspuckt ist kaum zu glauben: 1595W Ausgangsleistung bei einem Wirkungsgrad von über 90%. 7863 U/Min
mit einer 16x13“ Luftschraube. Schub 72N. Das sollte reichen. Der noch etwas
höher drehende 650/17 wäre uns zwar lieber gewesen, hätte aber die 17“
Luftschraube über ihr Limit von 8000 U/min beschleunigt. Wegfliegende Blätter
aber sind ganz und gar unlustig.
Und schon sind wir beim nächsten Thema:
Sicherheit wird bei einem solchen Modell natürlich stark beachtet. Sicher kann man da
einiges einbauen, aber oft ist weniger mehr – und eben wieder weniger Gewicht. ACT
Diversity Empfänger (später ausgetauscht gegen ACT 2,4GHz S3D) und Emcotec
DPSI Micro mit je 2 Longo-Lipo-Akkus waren die Wahl.
Auch hier waren die
gute Erfahrung und beste Beratung ausschlaggebend. So wurde von Emcotec vor der
Lieferung rückgefragt,
welche und wieviele Servos wir betreiben wollen – um
dann erst das ok für das DPSI Micro
zu geben. Der Hersteller denkt mit !
Einen Sack voll Servos
braucht man auch noch. Wir blieben konservativ bei den bewährten Hitecs. Die
Mehrheit sind für HR, WK und QR. Hier fiel die Entscheidung auf die kleinen
DigiServos HS-5245. Für die Störklappen reichen HS-85. Auf Seitenruder,
Radbremse und Schleppkupplung sind die bewährten (langsamen) HS-645.
Zwischen
Flugakkus und Regler wurde ein Emocotec SPS 60V 60/120A
eingeschleift.
Der verhindert das ungewollte Anlaufen des Motors und
unterdrückt den Funkenschlag beim Anstecken der Akkus.
Mit dem externen
Magnetschalter kann man zudem das ‚Scharfmachen’ bis kurz vor dem Start
hinauszögern.
Berechnungen – so unsere Auffassung – kann man in Modellbau auf ein Minimum
beschränken. Trotzdem teilten wir uns als Team zwei Bereiche:
Klassische Mechanik durfte Vater übernehmen: Steckung und Flächenholm wurden also berechnet,
wobei wir – wie schon bei der RF4D - von 12g Belastung ausgingen, genug für originalgetreuen
Kunstflug.
Die Holme wurden per
Excel-Tool von Christian Baron geprüft – letzlich aber zur sicheren Seite hin
rein für die gewählte einfache Bautechnik (UD-Band statt einzelner Rovings) abgewandelt.
Dann fiel die
vorgeschlagene 20x3 Stahlsteckung noch durch unsere Sicherheitsrechnung. Die
liegt bei 12g Belastung bei einem Sicherheitswert kleiner 1, d.h. verbiegt
sich. Nun kann man auch unter 12g Kunstflug machen, aber im Modellflug passiert
dann schon mal eine kurze Übersteuerung – also kein unnötiges Risiko. Die
Alternative hiess dann auch hier ‚Kohle’:
1cm Länge für rund 1€ - in Form eines leichten CFK 20mm Rundstabs. Ein errechneter Sicherheitsfaktor
>2 ist beruhigend.
Ja: Natürlich Kerbwirkungen bei CFK Steckungen vermeiden.
Ein CFK Rohr wie bei unserer RF4 wäre
uns noch lieber und leichter gewesen – aber die Flächen sind zu dünn, denn:
An der Aerodynamik feilte der Sohn: Einige Varianten wurden durch den Labtop gejagt,
wobei immer die Rumpfanformung und das fertige Winglet zu berücksichtigen
waren. Zu guter letzt wurde bei Dr.Helmut
Quabeck vorsichtig nach dessen Meinung angefragt.
Wir waren doch sehr
freudig überrascht über seine schnelle und ausführliche Antwort (danke !).
Wir
bekamen Berechnungen, Koordinaten und Tips. Auch unsere Bedenken in Richtung
Flugstabilität zerstreute er. Super!
Unsere angedachte Auslegung wurde im
wesentlichen bestätigt und so fielen dann die Würfel für das Acroprofil HQ/ACRO-2/12.
H.Quabeck versicherte
uns, daß mit diesem Profil zusammen mit den Wölbklappen durchaus noch gute
Segelflugeigenschaften drin seien. Zum Rumpf hin war ein kurzer Strak auf HQW-2.5/13
notwendig, um dessen Anformung einigermassen zu treffen.
Zum Winglet hin passte
das von H.Quabeck empfohlene Profil HQ/Winglet-3/13.
Um die HQ Serie zu
komplettieren gingen wir auch beim Höhenleitwerk auf das HQ/A-0/12, ein
symmetrischer Abkömmling des Flächenprofils.
Nachdem dies festgelegt
war, konnte die ganze Bauphase über an Feinjustierungen (Schwerpunkt / EWD / Klappenausschläge....)
gefummelt werden – wobei ich als der Ältere das nicht so eng sehe. Mit einer
sicheren Startauslegung kann der Rest auch empirisch erflogen werden.
Einkäufe sollten einfach sein – abgesehen von den Finanzen, die schon gewaltig
belastet wurden. Aber da waren doch einige knifflige Teilchen dabei, die man so
leicht nicht im Modellbaugeschäft bekommen kann: Gasdruckfedern für die
gewaltig große Kabinenhaube, Steckungen, Störklappen, Räder, Abachi, Glas- und
Kohlefaser verschlangen die Kohle.
Planung und Beschaffung nahm den Rest des
Jahres in Anspruch.
Lauter kleine Weihnachtsgeschenke stapelten sich unterm Weihnachtsbaum
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Die Flächenkerne wurden
CNC geschnitten bestellt. Von Vaters hand-gebrannter Variante war der Sohn
nicht zu überzeugen.
Da uns kein Anbieter und dessen Qualität direkt bekannt
war, riskierten wir die ‚blinde’ Bestellung. Der ausgewählte Lieferant (Karl
Faller / Faller Flächenkerne & Frästeile / www.drei-f.de)
enttäuschte uns nicht und wir hatten Anfang Januar sehr sauber geschnittene
Kerne zur Weiterverarbeitung.
Rumpfausbau - Schluss mit dem
Vorgeplänkel
Der Rumpf. Lag er doch schon ‚fertig’ vor uns - aber die Kleinigkeiten.....
Der Aufbau samt den
beiliegenden leichten GFK Spannten ist durchdacht. Diese passen saugend in die
Röhre und sind –
nachdem sie mit Ausschnitten für Kabel und Seilanlenkungen
versehen sind – schnell eingeharzt.
Wie sich viel später - beim ersten
Motortestlauf - herausstellte, wäre noch ein weiterer Spant diagonal durch das
SLW sinnvoll gewesen.
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3 Spanten
in Leitwerksbereich und einer an Flächenhinterkante bringen zusätzliche
Steifigkeit (da hinten sollen ja einmal 1,5 kW werkeln). Das Gewicht der geflochtenen
4mm² Kupferstränge schmerzt so richtig – muss aber sein.
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Viele kleine Fräsarbeiten
mit dem Mini-Dremel lassen die Haut jucken und man träumt so manches mal von
der schönen alten Holzbauweise. Es geht nichts über Holzstaub und den Duft von
Weissleim. Gut – als über-50er darf man schon mal von der ‚guten alten
Zeit’träumen - aber die neuen Materialien sind mechanisch und gestalterisch
einfach unschlagbar – also muss man durch.
Ein anständiges und robustes Räderwerk braucht der Flieger. Auch bei
uns ist nicht jede Landung die so viel zitterte ‚butterweiche’. Manche bekäme eben eine 6 auf der
Richter-Skala....
Das Heckrad war schnell
und einfach eingebaut.
Die 10kg multiplizert mit dem Plumpsfaktor’ auf dem
Hauptrad vertragen schon etwas mehr Hirnschmalz.
Das gewählte 125mm Hauptrad ist
etwas breit und es war einige Fummelei notwendig.
Das Ganze sollte auch noch
ausbaubar sein, und etwas Feder-Dämpfung und später eventuell noch eine Bremse waren
auch noch einzuplanen. Ein im Rumpf laminiertes GFK Teil war die Lösung.
Dieses
beherbergt das Rad, wird hinten über eine Lasche gehalten und vorne über eine
Feder niedergedrückt.
Über eine einzige Schraube herausbaubar - schaut simpel
aus. Alte Ingenieursweisheit: Die einfachen Lösungen sind die besten.
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Einfacher
Aufbau des gefederten Fahrwerks. Die einfachen Lösungen sind die besten.
(das
Abreissgewebe kommt natürlich vor der Klebung raus - und nicht alles was schwarz aussieht ist Kohle
:-)) )
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Die Motorhaube – eine weitere Arbeit in Harz und Glas. Die Original-Haube wurde
verlängert, die Spitze abgeschnitten
(ersetzt durch den 80mm-Spinner) und aus
Hartschaum und Spachtelei die 3 Hutzen angeformt.
Schleifen, Lackieren,
Polieren und Abformen. Klingt einfach, hält aber auf – und ist klebrig.
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Urmodell
der neuen Motorhalterung und –haube. Eher Giftküche als Modellbau ?
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Der Lohn: Die
neue ‚Scale’-Version mit Spinner, Urmodell und Formen.
Daneben zum Vergleich
die im Rumpfsatz gelieferte kurze spitze Haube. Rechts der Anbau an den Rumpf.
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Nach dem Verputzen und
einer Grundierung wurden die Hauben an den Rumpf angepaßt und gut verklebt.
Die
Befestigung der Deckel geschieht per Federstahldraht (wie auch bei kleinen Kabinenhauben
üblich).
Nun hatten auch die Motörchen ihre Heimat und konnten eingebaut
werden.
Die erste Überraschung hierbei war, daß einer der Motoren zwar einer
Verpackung mit dem Aufdruck 650-15 entsprang,
aber ein Kira 600 war. Ärgerlich,
aber Kontronik tauschte. Als beide dann eingebaut waren zeigte einer laute
Laufgeräusche
beim Drehen von Hand –
offenbar großes Getriebespiel.
Kontronik
tauschte nochmals und versprach Besserung der Qualitätskontrolle. Die kleine
Fabrikbesichtigung bei dieser Gelegenheit
machte jedoch einen sehr guten
Eindruck, so daß man davon ausgehen kann, daß solche Problemchen nicht die
Regel sind.
Auch die Einbauten in die
Rumpfspitze sorgen für Re-aktivierung der Ingenieurskunst. Schleppkupplung samt Servo und die Haubenmechanik mit Gasdruckdämpfer füllen die ersten 15cm.
Einige
Zeichnungen der Kinematik und Schablonen führten schliesslich zum Erfolg.
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Schleppkupplungseinbau
und Haubenmechanik aus CFK/Sperrholz.
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Die Rumpfwanne bekam zur
Versteifung und als Heimat für die Elektronikomponenten eine Platte eingebaut
und alle Bauteile durften
schon mal Platz nehmen. Damit war der Rumpf im
vorderen Bereich so weit fertig.
Die Haube sollte noch während des Baus
geschont werden und wurde erste später aufgezogen.
Auch das Rumpfheck und
Seitenruder musste noch auf das HLW warten, um dessen Anlenkung vorher
anzupassen.
Der Bericht ( gekürzte Fassung ) ist erschienen in Aufwind 4-6/2010, dem Modellsportmagazin für den Segel- und Elektroflug.
Hier veröffentlicht mit der Genehmigung der Aufwind-Redaktion. www.aufwind-magazin.de
Copyright und Rechte: Frank Notter / Magazin Aufwind
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