Berichte

 

WinDex1200C Twins - Zwillinge für Vater und Sohn

 

Air-probung

Am 9.Mai war der reparierte Motor wieder eingebaut und einer der 5-zelligen Antriebsakkus durch einen 4-zelligen plus Ausgleichsgewicht ersetzt.
Inzwischen hatte sich die Kunde von dem außergewöhnlichen Modell herumgesprochen und so war die Menge der Schaulustigen deutlich angewachsen.

 

 

Neuer Anlauf mit weniger Power. Anrollen frei nach Jogi Löw: „Högschte Konzentration!“


Diesmal stand der Wind günstiger, und so durfte ich in der Ebene Anrollen. Und das ging trotz deutlichweniger Leistung erstaunlich gut.
Zwar eiert die Maschine weiterhin bisStrömung an der Rudern anliegt, nach etwa 30 Metern sind die  fast 10kg aber in der Luft.
Zunächst steige ich vorsichtig flach - reicht die Leistung? -  anschließend doch zügig aufwärts.

 

 

Nicht immer ist „eine Zelle mehr“ die Lösung. Hier ist’s eine weniger!


Dieser dritte Flug war nun endlich gut für ausgiebige Tests. EWD und Schwerpunkt hatten wir gewollt auf der sicheren Seite.
Der eigenständige Abfangradius kommt dann entsprechend auch sehr deutlich. Für spätere Flüge liegt hier also noch einiges Potenzial vor.

Dank der umfassenden Simulation mit Hilfe des Programms FLZ Vortex von Frank Ranis, sowie der wertvollen Tipps von Dr. Helmut Quabeck, welcher uns aufgrund seines persönlichen Interesses an diesem außergewöhnlichen Flugzeugtyps nicht nur mit gutem Rat zur Seite stand, sondern das Flugzeugs ebenfalls mittels seines Programms FMFM Flugmechanik für Flugmodelle simulierte, waren aus flugmechanischer Sicht keine Überraschungen zu erwarten. Zwar gilt auch hier nach Otto Rehagel die alte Trainierweisheit „Die Wahrheit liegt auf dem Platz“, doch minimieren solche Vorabanalysen das Risiko einer instabilen Einstellung immens. 

Zurück zum Drittflug: Einige flotte Durchflüge für den Fotografen müssen es jetzt schon sein.Schööön rauscht die Windex an uns vorbei,
geizt nicht mir ihren Reizen sondern zeigt uns ihre außergewöhnlichen Rundungen und ihr farbenfrohes Make Up. Zu schmachtend?
Wir sind halt frisch verliebt...

Auch der Motor läuft hörbar „gesünder“, hatten wir ihn ja der jaulenden Höchstdrehzahl beraubt. Er hielt auch klaglos mehrere Steigflüge durch und war nach der Landung nur handwarm. Das also wird das neue Setup. Die Nachladerate war ebenfalls erstaunlich niedrig: Nur 1400mAh waren konsumiert. Das gönnt sich auch unser alter  Mpx Flamingo (- bei halber Spannung ☺). Spricht doch für den wirkungsgradoptimierten Innenläufertriebling.

Endlich stellte sich richtige Zufriedenheit mit dem Projekt ein. Auch der Applaus der fachkundigen Zuschauer baute auf. Kommentar:
Das ist ausbaufähig! So sehen wir das auch.

 

 

Ordentliche Steigleistung und das sonore Rauschen im Schnellflug bauen auf ...


Zum nächsten Flugtag wurde uns standesgemäss der Platz für uns (nicht nur) frisch gewalzt. Und nach allen notwendigen Checks und der schon fast gewohnten Nasen-absenk-partie ging es mit der nun 17x12 Luftschraube sehr zügig weg. Auch die 30°C Aussentemperatur liesen den Motor dank der reduzierten Drehzahl recht kalt.

 

 

Frisch gewalzt ist die halbe Miete.

 

Nase runter - Nase rauf . Der ganz normale Startwinkel.


Der Flugtag hatte bestes Thermikwetter im Geleit - Der erste Sonnentag des sonst verregneten Mai’s.

Die WinDex darf ihre endlich ihre Segelqualitäten zeigen. War da nicht ein leichtes Wackeln der Tragfläche zu sehen?
Jetzt nur nicht rauswerfen lassen sondern gegen die Thermikblase eindrehen und ab die Post. Ja, das geht mit HQs Akroprofil, auch wegen der Möglichkeit zur Verwölbung der durchgehenden Klappen. Dank Motor an Bord wurden die Abwind-Phasen genutzt - und wieder waren trotz mehrerer Aufstiege mit Motor (und einiger mittels Sonnenkraft) nur wenige Ampere-Minütchen konsumiert.
Nicht mal halb leer waren die 4000er Zellen.

Eine Schleppkupplung hat das Gerät auch. Und damit lässt sich noch mehr Strom sparen. Also durfte unser altgedientes Schlepp-Tier BALU samt Schlepp-Depp Papa ran, um diesmal die WinDex mit Junior Stefan am Knüppel auf Höhe zu bringen.
Der Start ist weit unspektakulärer. Der Seilzug hält die WinDex-Nase sauber in der Waagerechten.

Nebenbei: Daß wir Modelle und Sender beliebig tauschen können, ist hier ein Vorteil. Die umgebaute MC22s kann fast alles: Jeden Kanal im 35er Band und Dank ACT auch 2,4GHz. Die Modelle überspielen wir immer auf beide exakt gleich ausgebauten Sender.

Knappe 10kg sind kein Problem für BALU mit dem ZG62 - Eigenbau und glatte 20 Jahre auf dem Buckel - so wie Stefan J -


Was also ist Stefans Eindruck?

Sohn: „Geil! Nur die Querruder etwas träge.“

Papa: „Das sind auch fast 5m Spannweite!“

Sohn: „Na und? Die muss rocken!!!“

Papa: „mach mal langsam.“

Sohn: „ist doch keine K6...“ .......

Nun ja - wird noch. Einige Loopings und Rollen darf die WinDex mit jugendlichem Elan am Knüppel durchtoben.
Die Flächen zeigen sich wenig beeindruckt. Also auch hier wohl richtig ausgelegt. Besonders schön kommen riesige Loops,  im Scheitel kreisrund ausgeflogen.

Landung?  Die Beste bislang. Vater zieht den Hut - und Sohn strahlt.

 

 

Bilderbuchlandung


Weitere Testflüge dienten der Klappenoptimierung. Vor allem die Bremsklappen-Butterfly Kombination bedarf dieser.
Einige Male plumpste die WinDex die letzten Zentimeter durch (Verlust des Auftriebs beim spielen mit den Brems/Wölbklappen), und machte danach 2, 3 Freudensprünge. Nicht zur Freude des Piloten...

 

 

Was fehlt? Richtig: Ein Pilot - Aber schöne grosse Loopings fliegt die Windex auch ohne.
 

Kontrolle nach einer ‚Hüpflandung’... Robust ist das Räderwerk....


Nun geht es an die Erprobung der Nr. 1  -   und dem Traum vom gemeinsamen (Kunst)Flug.
Auch mit 54 darf man noch träumen....

 

Nur eine Montage - und ein Traum


Der Erstflug der Nr 1 erfolgte am 10.7.2010 mit deutlicher Verzögerung. Dafür waren alle ‚Kinderkrankheiten’ der Nr2 gleich nachgezogen, und die Erprobung war zumindest fliegerisch problemlos. Aber auch hier: Motorprobleme.
Dank 34ºC Aussentemperatur stellte der Regler im 2. Flug ab. Unangenehm - aber dieses Mal in ausreichender Höhe.

Und dies sollte nicht alles sein. Weitere Male liesen uns die Motoren im Stich, und so musste nicht weniger als insgesamt 4x ein neuer Motor eingebaut werden. Der peinlichste Ausfall war beim Motorsegler-treffen im August. Beim ersten gemeinsamen Start unserer beiden Modelle stand wieder ein Motor schlagartig und unangenehm kurz nach dem Start. Eigentlich wollten wir die Problemlosigkeit des E-Antriebs demonstrieren, aber die Benzin-Fraktion konnte sich ein Grinsen über den ‚Kolbenfresser’ beim E-Motor nicht verkneifen.

Das Positive: KONTRONIK hat aus unseren (und wohl auch anderen) Erfahrungen gelernt und nach eigenen Angaben den Rotor verstärkt.
In der Nummer 1 (Stefans Modell) konnten wir den verbesserten Motor nun ca 10 Flüge testen. Noch hält er.

Das zweite Problemchen der Modelle ist das Auf-die-Nase-gehen. Das lässt sich leider kaum vermeiden und macht den Start etwas unelegant. Wir denken über Lösungen nach (Bugrad, Wagen, Flitsche, ...?).
Der radikalste Lösungstip auf dem MOSE-Treffen: Radbereich am Rumpf abtrennen und weiter vor setzen - spachteln, schleifen, neu lackieren.. Wir zögern.

Nun ist leider die Flugsaison 2010 weitgehend vorbei - mit viel zu wenigen WINDEX-Flügen.
Wir hoffen, die Modelle 2011 öfters präsentieren zu können - und endlich zusammen.

Air-gebnis

Etwas gewöhnungsbedürftig ist das Flugbild. So ist die Lage des Rumpfes um die Hochachse (Seitenrudersteuerung) schwerer zu erkennen als bei einem Langrumpf. Hier braucht’s etwas mehr Gefühl. Weit unproblematischer als befürchtet ist die Querstabilität.
Das fachkundige Publikum merkte vor dem Start an: „Die wird aber kribbelig auf dem Höhenruder“.  Wir wussten es besser.
Die Realität folgte brav der Rechnerei: Die Maschine fliegt stabil wie ein „normaler“ Segler.

Wie macht sich Quabecks Akro-Profil ? Vornweg: Kreuzbrav. Mit Wölbklappen in Neutralstellung geht’s recht flott voran.
In Thermikstellung dagegen lässt sich das Modell Lamm-zahm kreisen, und nimmt Aufwinde leicht an.

Und im Kunstflug? Nun ja, an dieser Stelle berichten wir über die ersten Flüge mit dem Modell. Auch wenn man manchmal Anderes liest; wir wollen uns mit dem gründlichen Einstellen und Herantasten an das Flugverhalten etwas Zeit lassen. Die eigentliche Akro Erprobung wird noch folgen. Das Potenzial jedenfalls ist da. Das Rauschen im Schellflug zeugt allerdings von dem zusätzlichen Widerstand der Motorgondel und Luftschraube. Ein reiner Segler ist da einfach windschnittiger.

Air-kenntnis

Der Bauaufwand war deutlich umfangreicher als erwartet. Aber: Bei keinem Projekt zuvor hatten wir so viel gelernt.
Außerdem: Was ist schöner, als mit einem erwachsenen Sohn einem gemeinsamen Bastelabend zu verbringen?
Und es war mehr als ein Abend.

Einig waren wir uns dabei… selten. 33 Jahre Altersunterschied geben sehr ergänzende (da haben wir doch ein schönes Wort gefunden☺) Meinungen und Erfahrungen.

Die technischen Problemchen hätten wir uns so nicht gewünscht. Das hat einiges an Nerven und Zusatz-Budget aufgefressen.
Es bleibt die Befriedigung, dass man alles in den Griff bekommen hat. Und die Hoffnung, alle Kinderkrankheiten überstanden zu haben.

„Für die Kosten könnte man ja einen Hubschrauber kaufen!“ lautete eine fachkundige Bemerkung. Na ja, schon - wenn man denn unbedingt wollte...

Das Fluggefühl: Da fliegen zwei einzigartige Modelle als Zwillinge. Ich lasse mich mal auf die Umgangssprache der Jugend ein: Einfach geil!!! Und: Hat nicht jeder.

Lohnt es sich?

Für jemanden, der schnell zu einem tollen Modell kommen will -  lohnt es sich nicht.

Für den, der billig zu einem neuen Modell kommen will - lohnt es sich auch nicht.

Aber was soll die Frage überhaupt? Lohnt sich der anstrengende Anstieg auf einen Berggipfel, oder ein Sportwagen,
oder das 27. Paar Schuhe der Ehefrau...?  Wenn man nur tut, was sich lohnt, dann ist das Leben total langweilig.

Unser Projekt war und ist immer noch das Gegenteil von langweilig: Ein Abenteuer, ein Gewinn.
Und für die Freude am Modell sorgt das aussergewöhnliche Flugbild, und der Stolz steigt mit der Zahl der überwundenen Probleme
und der grossartigen Flüge.


 

 


 

 

Das tolle Flugbild entschädigt für alles - und die Zuverlässigkeit wird noch kommen.


And now let’s rock !

Sohn: „Auch Papa wird mit dem Schiff noch zum Alt-rocker.....“

Bilder und Bericht

Stefan und Frank Notter

25.10.2010

Die wichtigsten Daten im Überblick, Blau: = geändertes Setup

 

Modell

Original

Massstab

1:2,5  GFK Teile von W.Zerahn

1:1

Spannweite

4840 mm

12,10 m

Flächeninhalt

110,54 dm² (ohne HLW)

7,41 m²

Länge

1968 mm

4,92  m

Gewicht

9,7 kg

310 kg

Flächenbelastung

87,8 g/dm²

41,83 kg/m²

Lastvielfache

+/-12g (berechnet)

+9/-7g

Antrieb

Motor / Regler / Akkus

- Kontronik Kira 650/15-6,7

  ca 1,3 kW

- Kontronik Regler Jive 60+HV

- 5S1P+4S1P  (9S)

   4000mAh KokamLipo

- Emocotec SPS 60V 60/120A

- Luftschraube starr APC 17x12

König SC-430 3-cylinder

Hubraum 430 cm³

Startleistung 20 PS bei 4200 rpm. Gewicht 13.8 kg

Verstellpropeller

Empfänger

- ACT S3D 10,  2,4GHz 

 

E-Stromversorgung

- 2x Emcotec Longo1500 MPX

- 1x Emcotec DPSI RV MPX

 

Servos

- HR/QR/WK je 1x HS-5245Digi

- SR/Schleppkupplung/Bremse je 1x HS-645 MG

- Störklappen je 1x HS-85 M

 

Profil

- TF HQ/Acro-2/12

    - HQ 2.5/12 am Rumpf

    - HQ/Winglet 3/13 aussen

- HR HQ/Acro 0/12

Spezialentwicklung, 17% dick

Rad

Einrad, starr, gefedert, Eigenbau

Einrad, starr,

Erstflug

Nr 2: 22.4.2010

Nr 1: 10.7.2010

1985

 

Der Bericht ( gekürzte Fassung ) ist erschienen in Aufwind 4-6/2010, dem Modellsportmagazin für den Segel- und Elektroflug.
Hier veröffentlicht mit der Genehmigung der Aufwind-Redaktion.    www.aufwind-magazin.de
Copyright und Rechte: Frank Notter / Magazin Aufwind