Berichte

 

WinDex1200C Twins - Zwillinge für Vater und Sohn

 

Einbauten und Einstellungen

Alle Ruderservos - außer SLW - sitzen direkt an den Rudern und sind mit diesen per kurzem 3mm Gestänge verbunden.
Die Verbindungskabel laufen direkt zum Empfänger über je einen Ferritkern.
Den Einbau der Störklappenservos haben wir uns bei Werner Zerahn abgeschaut. Die sitzen wartungsfreundlich an der Wurzelrippe.


Die Stromversorgung erfolgt von 2 Lipos über die kleine Emcotec DPSI Weiche zum ACT S3D Empfänger.
Die beiden Antennen liegen im Rumpf im 90°Winkel.


Bei der ersten Programmierung eine Überraschung: Bei Modell 1 liefen die beiden Wökbklappenservos nicht !
Angstschweiss.. Ist etwa etwas in der Verkabelung defekt - womöglich an einer nicht zugänglichen Stelle ? 
Ein ganzer Sonntag ging für die Analyse drauf, um letztlich festzustellen, daß simpel die Servos kaputt waren.
Warum ausgerechnet die beiden WK Servos ?

Also machten wir mit derProgrammierung der Maschine 2 weiter. Alles lief bestens - nach 2 Stunden jedoch der Schock:
Die Servos zittern und Rauch steigt aus der Kabinenhaube auf ! Was ist denn das ??!! Hektisch die Akkustecker gezogen.
Das Emoctec DPSI rauchte und stank vor sich hin. Kabel heiss. Offenbar irgendwo ein Kurzschluss. Na super.
Natürlich lief dann wieder die Ursachenforschung an. Servos aus den Flächen, alle Kabel durchgeprüft....
Letztliche Ursache war dann ein gequetschtes Kabel an einem Flächenservo. Im Flug wäre das ein Totalschaden gewesen.
Nun waren glatt 3 von 10 dieser Servos ausgefallen. Das war zwar leicht zu beheben, kostete aber (3 Servos + DPSI rund 200€)
und steigerte die Zuversicht nicht.


Die Programmierung
erfolgt zunächst wie ein Segler mit Wölb- und Bremsklappen. Drei Phasen liegen auf einem Kippschalter:
Speed - Normal - Thermik.  Gebremst wird per ‚Gas’-Knüppel, der gleichzeitig Bremsklappen und ein leichtes Butterfly ansteuert.
Für alle unsere Modelle gilt: In Stresssituationen keine Zusatzschalter suchen! Beide Hände bleiben an den Kreuzknüppeln.
Also kommt als ‚Notfunktion’ auch die Schleppkupplung auf einen Knüppeltaster.


So weit so gut - aber wo bleibt der Motor ? Wie bei allen Motorseglern ergibt sich das Problem, ob man nun als Segler (Bremsklappen auf Kreuzknüppel) oder Motorflieger (Motorsteuerung am Kreuzknüppel) fliegen möchte.
Um auch hier eine Zusatz-Schalter-Betätigung zu vermeiden, wurde eine 4. Phase als Vorrang-Phase programmiert, die die Gasfunktion auf den Kreuzknüppel legt. Ist diese eingeschalten, fliegt das Modell wie ein Motorflugzeug - also Motorsteuerung/QR/SR/HR auf Kreuzknüppel. Um auch in dieser Phase zur Not bremsen zu können, sind die Störklappen noch auf den Knüppeltaster aufgemischt - fahren also mit Betätigung der Schleppkupplung aus. Als weitere Funktion ist auf dem Knüppeltaster noch die Radbremse aufgemischt.
Er hat also letzlich 3 Funktionen: Schleppkupplung, Störklappen und Radbremse.


Die Programmierung ist nicht ganz so trivial, dafür is dann die Bedienung in der Praxis super.


Ergebnis: Komplette Steuerung über die beiden Kreuzknüppel und einen Taster. Dazu ein Umschalter für die Motorphase.
Und das Ganze mit eigentlich 4 Sonderfuntionen: Schleppkupplung, Störklappen, Wölbklappen, Radbremse. Einfacher gehts nicht.

 



Die Rumpf(bade)wanne ist gut gefüllt - aber alles verschwindet unter der Sitzwanne


Auch der Kontronik Regler Jive 60+HV muss programmiert werden! Beim ersten (versehentlichen) Motoranlauf war der auf Wettbewerbsmodus eingestellt. Das ruckartige Anlaufen war den beiden Madenschräubchen des Prop-Mitnehmers zu viel, und Luftschraube samt Mitnehmer  machten einen kurzen Rundflug durch die Werkstatt. Der Mitnehmer erhielt 2 weitere Schräubchen spendiert - und der
Regler die richtige Programmierung: Segler- + Lipo-Modus.

Finish

In welchem Kleid sollen sie nun daher kommen, unsere neuen Babies ? Gerne hätten wir ein Original-design übernommen.
Das einzig zu findende attraktive ist aber das von Steve Cohen’s AS199D. Diese extravagante Maschine ist im US-Look gehalten.
Stars and Stripes - doch etwas zu viel des Guten. (Leider sind im Internet nur Bilder mit Copyright zu finden).
Das zweite attraktive Original dürfte die Gelbe mit der netten Kennung SE-XSN sein.


Nun - beide wurden es nicht. Wir verzichteten wieder - wie schon bei der RF4D - auf den Scaleanspruch zu Gunsten eines hübschen Modellkleides. Also auch keine Wettbewerbsteilnahme - mit einem nicht-scale-finish ist man unten durch. Die Freunde des absoluten Scale-Finishs mögen es uns verzeihen. Für uns ist es in erster Linie ein Modell - und Modelle dürfen auch mal etwas mutiger gestaltet sein.


Mehrere Entwürfe in Farbe und Linienführung folgten, bis die Entscheidung dann auf die folgende Variante fiel:
 

Grundfarbe bleibt weiß, sparsam mit Farbapplikationen, um sich nicht zu weit vom Original zu entfernen. Das Design mit den geschwungenen S-Linien nimmt die Linienzüge des Rumpfes auf und wirkt sehr harmonisch und doch dynamisch. Die Grundbespannung der Flächen erfolgte in Folie (hier können wir Männer ohne zu klagen stundenlang Bügeln). Die  Dekorbögen für TF und HLW sowie die Beschriftungen wurden bei JR Foliendesign bestellt. Leider bedurfte es Nachlieferungen bis alles passte, wobei H.Redl sehr kooperativ war.
Auch er meinte ‚bei dem Projekt ist einfach der Wurm drin’....


Und das setzte sich fort.

Auf eine Gesamtlackierung des Rumpfes verzichteten wir aus Gewichtsgründen - aus 2m Entfernung ist die Rumpfnaht eh nicht mehr zu sehen. Lackiert werden mußten Rumpfspitze, Motorbereich und die Winglets.  
Ein freundlicher ortsansässiger Autolackierer erledigte das für uns.
Dabei hat er wie auch wir übersehen, daß die edlen GFK Teile in seiner mollig warmen Trockenkammer leiden.

- Super Lackierung, aber Verzug im Kabinenhaubenbereich.

- Wo vorher eine perfekte dünne Naht den Übergang von Kabinenhaube zu Rumpf zierte, starrte uns nun ein 10mm Spalt an.

- 2 der 4 Winglets waren wohl luftdicht und haben in der Wärme die Backen aufgeblasen.

- Die Gewebestruktur durchdringt stellenweise die weiße Deckschicht.

Zum Heulen. Tage der mühsamen Nacharbeit folgen, und richtig gut wird's nicht mehr.
Daß so ein Malheur die Motivation nicht fördert, kann jeder Modellbauer nachvollziehen.
So schnell wird bis dahin erstklassige Arbeit normalisiert.

 

Kabinenhauben-(nicht)-Passung nach der Lackierung und der mühsame Rettungsversuch


Lenken wir den Blick von den optischen Schwachstellen ab: Bei der riesigen Klarsichthaube ist ein wenig Innenausbau Pflicht.
Eine Dose Deko-Lack, ein selbstgebautes Instrumentenpanel und diverse Hebel und Beschriftungen machen das Cockpit schon fast bewohnbar. Auch die Steuerknüppel und Instrumente wurden selbst gebastelt.
Die Instrumentenbilder wurden gedruckt, lackiert und einlaminiert. Die Einfassringe stammen von den Fingerlöchern alter Leitz-Ordner. Natürlich haben wir darauf geachtet, daß alle Motorsegler-typischen Instrumente auch vorhanden sind - ohne Scale-Anspruch, und die Zeiger bewegen sich auch nicht L. Kohlefaser Dekoplatten laminieren wir mit Restharz und Geweberesten einfach auf einer glatten Fläche - 1 Lage CFK, Rest Glas. Sieht gut aus und ist weit billiger als gekaufte CFK-Platten. Eine Kleinproduktion von Steuerknüppeln lief so nebenher.

Für die Sitzpolster wurde die Oma aktiviert: Aus kostenlosem Abfall von edlem Alkantara-Stoff (wozu schliesslich hatte man einen Ferienjob in der nahen Möbelfabrik ? ) entstanden noble Sitzpolster.


100€ pro Modell wären bei Kaufteilen schnell weg gewesen - unser Ausbau kostete fast nichts und das kreative Arbeiten macht auch noch Spass.

 

Ein wenig Kohlefaser und eigene Bastelarbeit machen schon ein edles Panel. Steuerknüppel aus Abfallmaterial, ein wenig Farbe und Schrumpfschlauch.
 

 

 
 

Ein attraktives Cockpit - nur der Pilot fehlt (noch)

 


Airborn ?

Normalerweise fliegt nach erfolgreicher Programmierung der Anlage und Lackierung ein Modell am nächsten Tag.
Aber - wie sollte es auch anders sein - bei diesem Projekt geht nichts glatt.


Während die Nr1 wegen Motorproblemen im Keller blieb, durft das Modell Nr2 am 11.Sept. zum ersten mal Flugplatzluft schnuppern. Der erste Reichweitentest ohne Motorlauf war ok. Den Motor hatten wir in der Werkstatt nie voll laufen lassen - zu brachial und beängstigend. Also nun das erste ernste Hochlaufen. Das Motörchen dreht hoch, und zeigt die erwartete, aber doch fast furchterregende Power - und was ist das? Das Seitenleitwerk verwindet sich trotz der eingebrachten Spannten gewaltig. Also Gas raus.


Der zweite Test brachte regte dann die Motoraufhängung zum Schwingen an, und der Spinner verabschiedete sich. (Natürlich waren wir vorsichtig und niemand befand sich beim Test vorne/seitlich zum Motor.) Der lange Motor muss offensichtlich dringend auch hinten abgestützt werden. Also zurück in die Werkstatt. Das wird nichts mehr in dieser Saison - auch wenn die Bilder Zuversicht ausstrahlen.

 

Noch ohne Dekor - Aber mit viel jugendlicher Zuversicht


Die von Werner Zerahn vorgesehenen und eingebauten Spanten in der Seitenruderflosse reichen nicht.
Hier muss noch irgendeine Verstärkung rein. Ein schöner Mist bei einem fertigen Modell - ist doch alles zugebaut außer kleinen Öffnungen in der HLW Auflage und durch die Motorröhre.


Zur Lösungsfindung motivierte ich meine Ingenieurs-Kollegen zum Mittagspausen-Brainstorming. Wozu schliesslich hat man kreative Leute eines Entwicklungslabors um sich? Die denken tatsächlich Modellbau-unbelastet quer. Als Ergebnis der kleinen Denkerrunde wurden meine ursprünglichen Modellbau-Fachidioten-mässigen Ideen mit Spanten/Kohle/Harz und mühsamem Gefummel verworfen. Statt dessen wurde das Seitenleitwerk partiell  in Höhe der Motorgondel mit PU Schaum ausgespritzt. Dabei muss höllisch aufgepasst werden, daß der Schaum nicht das Leitwerk aufbläht. Alles ausbauen, mit Styro-Schalen von außen abstützen, und vorsichtig rein mit dem klebrigen Zeug.
Nicht einfach - aber es geht.

 

Die hintere Fixierung für den Motor. PU Schaum im SLW


Es ist Ende September. Die Tage werden kürzer, und die Euphorie macht leichter Depression Platz.
Zum letzten Schauflugtag des Jahres in Böblingen mußte nochmals die RF4D ran.

Finale

Nachdem alle kosmetischen Mängel leidlich und die technischen möglichst professionell behoben waren, ging’s noch um das Aufbringen der Foliendekors. Wir wollten ja vor dem Erstflug zumindest perfekte Bilder.

Angefangen haben wir wieder bei den Kleinteilen und dem HLW. Und Dank H.Redl’s Beschreibung geht das auch ganz gut. Erstaunlich, wie schnell das Outfit der Modelle Dank der Dekorfolien aufblüht! In Lack ist das kaum und nur sehr mühsam zu erreichen. Das Ergebnis tröstet uns über die erlittenen Rückschläge und lenkt den Blick ganz gut von den Schwachstellen ab (die der Bauherr natürlich immer sieht).
Endlich einmal ein positives Erlebnis.

 

Deko -  mit scharfem Blick werden Luftbläschen ‚ausgerakelt’.


Und noch eines: Nur 200g Blei verschwanden noch in der Nase, dann ging die Nummer 1 auf die Waage: 9,7 kg. Das Ziel <10kg erreicht !

Unsere neuen Lieben

Daß Vater und Sohn sich in Zwillinge verknallen, soll nicht so oft passieren....


Daß sich in einem Jahr intensiver Zuneigung eine gewisse Beziehung entwickelt ist ausser Frage. Aber keine Angst.
Wir wissen noch wo’s lang geht.

Bild ‚My new wife’   Bildunterschriften:
Die neue Liebe - diese Rundungen ! !
  - Aber  letztlich doch nur ein Modellflugzeug.

 

Der letzte schöne Herbsttag lockte uns aber noch zum Photo-Shooting. Die Zwillinge posierten - und das Vater-Sohn-team durfte doch etwas Stolz zeigen....

 

Na ja - ein wenig stolz sind wir schon. Bei allen Problemchen - das sieht doch gut aus, oder ?
 

 


Fast ein Jahr bauen, einkaufen, probieren, verbessern - und doch noch nicht geflogen. Weitere Verbesserungen sind noch angesagt.
Der Reichweitentest mit laufendem Motor war ernüchternd. Die langen Motorkabel sind doch recht anständige Antennen und fachen ein unanständiges Servorzittern an.



Es war wieder Messe in Friedrichshafen, und wir suchten wieder Beratung - diesmal zum Thema Motorstörungen auf die Fernsteuerung.
Fazit: In Prinzip alles richtig gemacht - aber die Einbauverhältnisse sind einfach prädestiniert für Störungs-Emissionen.
Nur ein Umstieg auf 2,4GHz soll nachhaltig helfen.


Da Herr Westerteicher (ACT) uns so gut beraten hatte bestellten wir 2x S3D-Umbausets.
Diese sind inzwischen in Sender und Modelle (problemlos) eingebaut.


Nun warten wir auf störungsfreien Betrieb, das richtige Wetter, einen mutigen Schlepper und den Mut zum Start.


Fortsetzung des Berichts bald mit möglichst "Good flybrations!"


Stefan und Frank Notter


14.1.2010

Die wichtigsten Daten im Überblick

 

Modell

Original

Massstab

1:2,5  GFK Teile von W.Zerahn

1:1

Spannweite

4840 mm

12,10 m

Flächeninhalt

110,54 dm² (ohne HLW)

7,41 m²

Länge

1968 mm

4,92  m

Gewicht

9,7 kg

310 kg

Flächenbelastung

87,8 g/dm²

41,83 kg/m²

Lastvielfache

+/-12g (berechnet)

+9/-7g

Antrieb

Motor / Regler / Akkus

- Kontronik Kira 650/15-6,7

  ca 1,5 kW

- Kontronik Regler Jive 60+HV

- 2x 5S1P 4000mAh KokamLipo

- Emocotec SPS 60V 60/120A

- Luftschraube starr APC 17x10

König SC-430 3-cylinder

Hubraum 430 cm³

Startleistung 20 PS bei 4200 rpm. Gewicht 13.8 kg

Verstellpropeller

Empfänger

ACT Div.set2xDSL8 DSQset:

2 Stück DSL-8 FM-Doppelsuper

Noch vor dem Erstflug Umrüstung auf ACT S3D 2,4GHz

 

E-Stromversorgung

- 2x Emcotec Longo1500 MPX

- 1x Emcotec DPSI RV MPX

 

Servos

- HR/QR/WK je 1x HS-5245Digi

- SR/Schleppkupplung/Bremse je 1x HS-645 MG

- Störklappen je 1x HS-85 MG

 

Profil

- TF HQ/Acro-2/12

    - HQ 2.5/12 am Rumpf

    - HQ/Winglet 3/13 aussen

- HR HQ/Acro 0/12

Spezialentwicklung, 17% dick

Rad

Einrad, starr, gefedert, Eigenbau

Einrad, starr,

Erstflug

……….

1985


Der Bericht ( gekürzte Fassung ) ist erschienen in Aufwind 4-6/2010, dem Modellsportmagazin für den Segel- und Elektroflug.
Hier veröffentlicht mit der Genehmigung der Aufwind-Redaktion.    www.aufwind-magazin.de
Copyright und Rechte: Frank Notter / Magazin Aufwind

weiter