Baubericht

 

WinDex1200C Twins - Zwillinge für Vater und Sohn

 

Nach 30 Jahren RF4D Modellen war es an der Zeit etwas anderes zu tun – meinte der inzwischen volljährige und vollflügge Sohn.
Und da wir der Motorsegler-Szene verbunden sind, aber dennoch wieder etwas Kunstflug-fähiges wollten, war die Auswahl nicht groß. Motorsegler und Kunstflug? Aber ja - und stilgetreu !  

Da gibt es als Original neben der altbewährten Fournier  noch ein ganz modernes Fliegerchen: WinDex 1200C –
im Original ähnlich putzig wie die RF4D – nur 12,1m Spannweite, aber ein echter Renner.
Vmax 350km/h und Lastvielfache +9/-7g sprechen eine deutliche Sprache. Wer will und kann darf’s krachen lassen.
Natürlich sieht Kunstflug mit einem Motorsegler anders aus, als mit einer Extra: Weiträumiger, eleganter, Spiel mit Segelflug-Dynamik und (kleiner) Motorleistung - einfach schöner.

Auch die Segelleistungen unseres Vorbilds sind nicht von schlechten Eltern: Gleitzahl 36 (eine K6 liegt bei 29, eine Astir CS bei 39) –
und das obwohl der Motor samt stehender Luftschraube ( trotz seiner  hübschen Verkleidung)  wohl im Segelflug einem kleinen
Bremsschirm ähneln dürfte. Ein Ausbund von Leistung ist der kleine 3-Zylinder-Sternmotor auch im Motorflug nicht.
20PS’chen haben auch mit leichten 300kg zu schnaufen. Das haben schon manche Modelle unter der Haube ....

Details zum Original kann man hier finden: http://www.windex.se/Main.htm.
Leider gab es auf die Anfrage nach weiteren Unterlagen keine Reaktion. Die Internetseite ist wohl ‚tot’.

 

 

Das Original - ein flotter kleiner Renner. Leider gibt es nur Wenige.
 

 

Das Motörchen mit seiner eleganten Verpackung ...

             
... we had a dream - 2 Jahre Anlauf ...

Dieses Fliegerchen ging uns nicht aus dem Kopf.
Immer wieder wurde im Internet gesucht und Pläne wurden ausgeheckt und verworfen.


Fliegerisch näherte sich unser Vater-Sohn-Team immer mehr an (Der Sohn wird besser und der Vater - na ja, sagen wir reifer...).
Der Sohnemann wollte unbedingt auf den Motorsegler-Treffen mitmischen - aber keineswegs mit tuckernden Rundflügen.

Was war in einem Ratgeber für Modellflieger zu lesen ?  ‚Der Neuling beginnt am Besten einfach mit dem Motorsegler’.
Nein ! So einen wollten wir nicht.
Wovon träumt die Jugend ? Synchronkunstflug mit Musik und viel Rauch.
Nun - Träume sind frei.
Eine zweite RF4D ?  Zu un-cool. Und ehrlich gesagt auch im Doppelpack kaum mehr zu transportieren.
Zwei Langohren mit Klapptriebwerk ? Das wird richtig teuer - und ohne Stilbruch müßte der Kunstflug eher zurückhaltend sein.

All diese Gedanken kreisten lange, und unsere alte RF4D fliegt super und hat noch keinen Hang zum Altenteil ...

Aber es wurde langsam klar: Es geht kein Weg an der WinDex vorbei.
 

Warum sieht man diese Maschine so wenig als Modell ? Die ungewöhnliche Auslegung dürfte so manchem Respekt einflössen.
Kurzer Rumpf / Schwerpunkts-Sorgen  / Flugstabilität ? / hängende Winglets, die bei schiefen Landungen bedrohlich der Piste nahe kommen..... Dann lieber doch einen weiteren Diskus / Nimbus / ASW Langrumpf.
Die gehen ja auch alle super und sind in jeder Variante zu haben.

Dagegen bietet die WinDex neben den oben beschriebenen Leistungsmerkmalen noch einige Vorteile: Kein (empfindliches) Einziehfahrwerk, kein (teures und aufwändiges) Klapptriebwerk, jede Menge Einbauplatz, schleppfähig (im Gegensatz zu reinen Reise-Motorseglern) – und hübsch ist sie auch noch – oder ? Diese Rundungen !!

Weitere Planungspunkte bremsten unseren Tatendrang ein: Der alte Holzwurm erkennt sofort, daß dieses Flugzeug nichts für den Nachbau in klassischer Holzbauweise ist – und an den Formenbau wollten wir nicht ran.
Wegen des hinten liegenden Motors kam nur ein Elektroantrieb in Frage. Hier kann wenigstens ein grosser Teil des Systemgewichts nach vorne gebracht werden (Akkus). E-Antriebe mit richtig Leistung aber waren vor einigen Jahren noch Mangelware.

Also lag das Projekt auf Eis – bis in AUFWIND ein Artikel von Werner Zerahn erschien: Er hatte Formen und ein Modell im Masstab 1:2,5 gebaut. Dieses konnten wir dann kurz darauf anlässlich des jährlichen  Motorseglertreffens begutachten.

Der Kontakt war geknüpft. Weitere 1,5 Jahre rumorte das Projekt in den Köpfen. Kurzfristig war auch die neu herausgekommene WinDex von Manfred Schadl in Diskussion. Aber unsere etwas willkürlich auf 18kg begrenzte Platzzulassung und die schiere Grösse dieses Modells (1:1,8) beendeten die Gedanken in diese Richtung. Eine Grösse zwischen den beiden wäre ideal – aber nirgends zu finden.
Zur Vollständigkeit: Von Baudis gibt es noch eine in 4m / 1:3.
 

Die Bauch-Entscheidung

No Risk - No Fun.
Oder ungekehrt: High Risk - High Fun (wenn’s dann eben doch funktioniert). Also wagen wir uns an das Projekt heran.
Wir  bauen  2 Stück der ‚kleinen’ 1:2,5-Zerahn-WinDexen. Unvernünftig genug. Aber ‚Vater und Sohn in Duett’ – das sollte was werden.
Wobei wir schon hier gerne eingestehen wollen, daß wir die folgenden Monate des öfteren am ‚Yes-we-can’ zweifelten.
Über die Problemchen während der Bauphase wollen wir im folgenden offen berichten. Der ‚Profi’ (oder wer sich dafür hält) mag darüber lächeln, der ‚Normalo’ mag daraus etwas lernen.  

Nun gut:
Anruf bei Werner, und 4 Wochen später 24.11.08 – als 1-Monat-vor-Weihnachts-Geschenk – konnten wir die beiden edlen GFK-Teilesets abholen. Neben dem voluminösen Rumpf bekamen wir eine Menge Kleinteile mit: Haube samt Carbonrahmen, GFK Spannten, Sandwich-Seitenruder, Winglets, Sitzwanne, Instrumentenpilz, Motorhaube und extra Formteile für ein eventuelles zusätzliches Bugrad
(Wie die Klapptriebwerkler will auch die WinDex beim Start auf die Nase).
Das Dachbett unseres Wohnmobilchens war auf der Heimfahrt gut belegt.

Vielen Dank an Werner für die saubere Arbeit und die geopferte Freizeit !


 

Am 3. Advent schien endlich einmal die Sonne, so daß die Prachtstücke auf der Terrasse ausgelegt werden konnten.
2 makellose Rümpfe ( GFK-Spanten schon eingesetzt ) und viel Zubehör.

Die Rümpfe erscheinen mit rund 2m Gesamtlänge recht handlich – aber Achtung: Der Masstab ist 1:2,5.
Und mit dem wäre ein Nimbus 4DM  3,45m lang und hätte satte 10,6m Spannweite.
Das Original der WinDex ist eben nur ungefähr halb so groß wie der Nimbus! Das erklärt die gewaltige Rumpfwanne unseres Modells.
Die Piloten der WinDex sind halt meist ähnlich gebaut wie die der grossen Langrümpfe.
Trotzdem geht es wohl in der Original-WinDex sau-eng zu.
Große Piloten kommen mangels Bewegungsfreiheit nach Berichten nicht immer an alle Schalter und Hebel. Nun ja.

Unsere Empfänger und Servos sind rank und schlank. Selbst die Antriebsakkus sind ständig  auf Diät. Alles hat also üppig Platz, muß aber unter der Sitzwanne überlegt plaziert werden.


Detailplanung

Gewicht wollten wir auf jeden Fall sparen, wo immer es geht – vor allem im hinteren Rumpfbereich. Nichts ist lästiger (im wahrsten Sinne des Wortes), als Blei spazieren zu fliegen.
Den notwendigen Durchzug im Kunstflug wollten wir lieber durch eine gute Auslegung, denn durch Masse erreichen.
Die Scale-Abmessungen des Rumpfes bringen eh schon Pfunde mit sich, gleicht er doch vorne einer kleinen Baby-Badewanne – Platz zum Liegen eben. Alles andere als ein F3B(esenstiel).
 

An Werner Zerahn’s Auslegung wollten wir noch etwas nachfeilen:
Seine Motorgondel ist für einen Motoreinbau ohne Spinner gedacht.
Anders herum: Will man wie das Original einen Spinner verwenden, müßte man die Haube weit hinten abschneiden,
die Luftschraube würde in das Seitenleitwerk laufen, der Motor würde noch weiter nach hinten rutschen - und der Schwerpunkt würde ihm folgen....
Einen Spinner wollten wir aber unbedingt vorsehen, auch um eventuell später darin einen Verstellmechanismus unterbringen zu können.

Auch die charakteristischen 3 Hutzen für den Sternmotor im Original fehlen. Also mußte für diesen Bereich ein neues GFK Teil laminiert werden, das obendrein noch für eine anständige Kühlung des heißen Motörchens sorgt.
Das Geflügel brachten wir auf die korrekte Länge und verpassten ihm die im Original vorhandenen Wölbklappen. Und dann meinte Sohnemann, das Profil sei zu konservativ...
Also wurde auch dies komplett überarbeitet, wobei die vorgegebene Rumpfanformung und das fertige Winglet den Tatendrang begrenzten.

Der Bericht ( gekürzte Fassung ) ist erschienen in Aufwind 4-6/2010, dem Modellsportmagazin für den Segel- und Elektroflug.
Hier veröffentlicht mit der Genehmigung der Aufwind-Redaktion.    www.aufwind-magazin.de
Copyright und Rechte: Frank Notter / Magazin Aufwind

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